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Aktuelle Studie zu Mobilfunkstrahlung Entwarnung: 5G macht nicht impotent

Quelle: dpa

So lange es Handys gibt, gibt es Warnungen vor vermeintlich gefährlicher Mobilfunkstrahlung. Was ist dran? Und ist 5G tatsächlich gefährlicher als alte Funkstandards? Eine aktuelle Studie sowie Expertinnen aus Strahlenschutz und Krebsforschung geben Antworten.

Heute ist es schon für Kinder normal, mit einem Smartphone zu telefonieren und zu spielen. Dabei gibt es immer wieder Befürchtungen, die Mobilfunkstrahlung könnte schädlich sein, möglicherweise sogar Krebs auslösen.
Heute ist es schon für Kinder normal, mit einem Smartphone zu telefonieren und zu spielen. Dabei gibt es immer wieder Befürchtungen, die Mobilfunkstrahlung könnte schädlich sein, möglicherweise sogar Krebs auslösen.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay)

Geldbeutel, Schlüssel – und natürlich das Handy: Ohne dieses Trio verlassen nur wenige das Haus. So eng die Bindung mancher Nutzer zu ihrem Smartphone ist, so stark sind die Zweifel anderer, die gesundheitliche Risiken fürchten.

Doch von vorn: Handystrahlung – worum es sich dabei handelt: Mobiltelefone nutzen hochfrequente, elektromagnetische Felder, um Daten oder Sprache per Mobilfunk zu übertragen. Diese Felder kommen laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) natürlicherweise durch das Erdmagnetfeld vor. Sie können aber auch künstlich – etwa durch Antennen – erzeugt werden.

Elektromagnetische Felder können Gewebe erwärmen

Diese im Alltag manchmal als „Elektrosmog“ bezeichneten Felder haben Auswirkungen auf den Körper. Sie können Gewebe erwärmen, sagt Julia Ketteler, wissenschaftliche Referentin am Kompetenzzentrum Elektromagnetische Felder am BfS.

Warum genau? „Man kann sich vorstellen, dass elektromagnetische Felder einen Impuls auf die Moleküle aussenden, aus denen unser Körper aufgebaut ist“, erklärt Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdientes (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg.

Dieser Impuls führt dazu, dass sich die Atome in den Molekülen in unseren Zellen rascher bewegen. „Das ist im Prinzip das biochemische Äquivalent von Wärme“, fasst Weg-Remers zusammen. Wärme, die der Körper laut Ketteler in gewissem Umfang wieder ausgleichen könne. In der Medizin spricht man dann von Thermoregulation.

Grenzwerte für Smartphones: Der SAR-Wert

Damit sich das Gewebe im Körper nicht zu stark erwärmt, müssen die Handy-Hersteller strenge Grenzwerte und Normen einhalten. Für Smartphones etwa gilt, dass der sogenannte SAR-Wert (Spezifische Absorptionsrate) maximal zwei Watt pro Kilogramm erwärmter Masse betragen darf. Der SAR-Wert zeigt, wie schnell der Körper Energie aufnimmt. Ein Beispiel des BfS: Würde man mit einer Standard-LED-Glühbirne, die eine Wärmeleistung von vier Watt hat, zwei Liter Wasser erwärmen, entspräche das einem SAR-Wert von zwei Watt pro Kilogramm.

Keine Frage: Elektromagnetische Strahlung kann je nach Frequenz Gewebe erwärmen. Auf dieser Grundlage arbeiten zum Beispiel sämtliche Mikrowellengeräte. Diese Aufnahme des Instituts für Mobil- und Satellitentechnik zeigt, wie ein menschlicher Kopf Energie der Mobilfunkstrahlung eines Handys aufnimmt.
Keine Frage: Elektromagnetische Strahlung kann je nach Frequenz Gewebe erwärmen. Auf dieser Grundlage arbeiten zum Beispiel sämtliche Mikrowellengeräte. Diese Aufnahme des Instituts für Mobil- und Satellitentechnik zeigt, wie ein menschlicher Kopf Energie der Mobilfunkstrahlung eines Handys aufnimmt.
(Bild: IMST, Dr. Achim Bahr, 2001)

Mit Blick auf die Smartphones heißt das: Je niedriger der Wert, desto weniger Strahlung sendet ein Gerät aus. Die meisten Geräte liegen aber ohnehin weit unter dem Grenzwert, wie die Angaben moderner und auch älterer Modelle zeigen. Das BfS stellt eine Datenbank zur Verfügung, in der man diese Werte nachlesen kann. Das Xiaomi Poco F2 Pro etwa hat einen Wert von 0,79 W/kg, das iPhone 12 0,98 W/kg. Und selbst das Samsung-E 1080 aus dem Jahr 2009 liegt mit 0,64 W/kg weit unter der gesetzlichen Grenze.

Kein erhöhtes Krebsrisiko durch Handynutzung

Die gesundheitlichen Auswirkungen der Mobilfunknutzung beschäftigt die Forschung seit langer Zeit. Dabei geht es auch um die Frage, ob Mobilfunkstrahlung Krebs auslösen kann. Nach heutigem Kenntnisstand sieht das BfS allerdings keinen Zusammenhang zwischen Mobilfunknutzung und etwa dem Risiko, an einem Gehirntumor zu erkranken. Die Behörde bezieht in ihre Risikoeinschätzung nach eigenen Angaben mehr als 1000 wissenschaftliche Publikationen mit ein.

Die Ergebnisse bekräftigt die erst jüngst veröffentlichte MOBI-Kids Studie unter der Leitung des Zentrums für Global Health in Barcelona. Befragt wurden rund 900 an einem Hirntumor erkrankte Kinder und Jugendliche zu ihrem Nutzungsverhalten. Die Ergebnisse verglichen die Forscher mit den Aussagen gesunder Teilnehmer. Insgesamt umfasst die Studie 2800 Teilnehmer aus 14 Ländern.

Was man im Blick behalten sollte: Hinter einem bösartigen Tumor können viele Ursachen stecken. „Krebs – das bedeutet, dass unsere Körperzellen anfangen, sich zu teilen und nicht mehr auf das Stoppsignal aus der Umgebung reagieren“, sagt Medizinerin Susanne Weg-Remers (KID). Ob dies passiert, sei in den meisten Fällen Zufall, erklärt sie.

Denn der Prozess, über den das Erbgut verdoppelt wird, sei fehleranfällig. Das bedeutet: Es entstünden gewissermaßen Tippfehler in der Erbinformation, die im Laufe des Lebens langfristig zu Krebs führen können.

Elektromagnetische Felder verändern Erbgut nicht

Es gibt Faktoren, die das Krebsrisiko steigern können. Dazu zählen laut Weg-Remers etwa UV- oder Röntgenstrahlung, aber auch Infektionen mit Humanen Papillomviren (HPV) oder ungesunde Gewohnheiten wie etwa das Rauchen. Genauso spielt auch die genetische Veranlagung eine Rolle. Mobilfunk als Krebsauslöser schließt Weg-Remers aber klar aus. „Es gibt keine Belege dafür, dass die elektromagnetischen Felder, die von Mobilfunkgeräten ausgehen, Erbgutveränderungen auslösen können.“

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Zwar habe man in früheren Studien, als die Geräte noch sehr groß waren und sehr starke elektromagnetische Felder hatten, diese Zusammenhänge beobachtet, so Weg-Remers. Die Ergebnisse seien aus heutiger Sicht jedoch sehr umstritten und konnten in neueren Untersuchungen nicht bestätigt werden.

Trotzdem: Obwohl die Datenlage in der Forschung belastbar sei, wolle man in der Forschung weitere Ergebnisse abwarten, um die „Restunsicherheit“ zu verringern, sagt Julia Ketteler vom BfS. Das liege an der langen Laufzeit mancher Studien und der wissenschaftlichen Arbeitsweise an sich: Es sei schlichtweg unmöglich, zu beweisen, dass ein Risiko gar nicht existiert.

Handystrahlung wirkt nicht auf Hirnaktivität ein

Zudem widmet sich die Forschung noch weiteren Aspekten der Mobilfunktechnologie. Etwa der Frage, ob das Smartphone Auswirkungen auf die Hirnaktivität und die Qualität des Schlafs hat. Wer über Schlafstörungen klagt, weil das Handy in der Nähe liegt, sollte laut Julia Ketteler andere Faktoren wie Lichteinflüsse oder Stress in Betracht ziehen.

Denn auch hier schützten die strengen SAR-Grenzwerte, weshalb Biologin Ketteler aus Strahlenschutz-Sicht kein Risiko für das Gehirn sieht. Um die Strahlung zu verringern, reiche es ohnehin schon, das Handy wenige Zentimeter vom Kopf entfernt abzulegen.

Genauso kann Ketteler die Sorge aus der Welt schaffen, dass das Smartphone in der Hosentasche Männer unfruchtbar mache. Laut BfS liegt der Temperaturanstieg unter dem Grenzwert, der die Spermienproduktion von Männern stören könnte. Wer trotzdem auf Nummer sicher gehen möchte, der könne mit Headset telefonieren, ohne das Handy in der Hosentasche zu lassen.

Kein neues Risiko durch 5G

Und was ist mit der 5G-Technologie? Die bringt nicht nur ganz neue Übertragungsgeschwindigkeiten mit sich, sondern auch neue Frequenzen. Und damit weitere Sendemasten beziehungsweise Basisstationen, die für das 5G-Netzwerk notwendig sind. Neue Sendemasten, gleich neue Risikobewertung?

An den elektromagnetischen Feldern und ihren biologischen Wirkungen ändert sich nach BfS-Einschätzung durch 5G nichts. „Die größte Quelle für Strahlung ist nicht der Sendemast, sondern das eigene Handy“, sagt Ketteler. Denn: Mehr Sendemasten verbessern eher den Empfang, die Sendeleistung – und damit die Strahlung – des Handys sinkt. Aus Sicht des Bundesamtes für Strahlenschutz stellt die 5G-Mobilfunknutzung also kein Risiko dar.

Über die Studie „ MOBI-Kids“

Für die MOBI-Kids-Studie untersuchten die Studienautoren das Nutzungsverhalten von rund 900 Kindern und Jugendlichen, die im Alter zwischen zehn und 24 Jahren an einem Hirntumor erkrankt sind. Dazu verglichen die Forscher die Daten mit denen einer Kontrollgruppe (1900). Alle Informationen zur Dauer und Häufigkeit der Nutzung von Mobiltelefonen und schnurlose DECT-Telefonen wurden in Interviews erhoben. Insgesamt befragt wurden zwischen 2010 und 2015 rund 2800 junge Teilnehmer aus acht europäischen Ländern – darunter auch Deutschland. Weitere Teilnehmer stammten aus Israel, Australien, Kanada, Japan, Korea und Neuseeland.

Quellen

Studie MOBI-Kids des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS)

Bundesamt für Strahlenschutz Empfehlung für Handynutzung

Datenbank des BFS über SAR-Werte von Smartphones

Dieser Beitrag stammt von unserem Schwesterportal Elektronikpraxis.

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